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Balsamico und glückliche Lämmer




















Auf der Rückreise von Venedig haben wir zwei Tage Station im Friaul gemacht - unserer Lieblingsgegend in Italien. Dort ist das Essen ganz fantastisch, die Weine sind sehr gut und noch leistbar. Die Menschen sind freundlich, die Landschaft abwechslungsreich. Seit zehn Jahren verbringen wir mindestens einmal im Jahr einige Tage dort. Wir haben uns schon einen kleinen Stamm von Lokalen, Läden, Produzenten und Winzern aufgebaut, die wir immer wieder gerne besuchen.
Neu dazugekommen sind diesmal die weltgrößte Balsameria in Manzano und ein toller Koch in Moggio Udinese.

Die Balsameria Midolini hat aufgrund ihrer Größe einen Eintrag ins Guiness Buch der Rekorde bekommen. Marketingmäßig würde ich den Guiness-Eintrag nicht so herausstreichen – zu schnell ist die Assoziation mit Industrie und Massenproduktion hergestellt.




















Aber wie sich herausstellt, man macht man dort sonst alles richtig. Mehr als richtig. Die verkosteten Balsamico-Essige mit dem Markennamen Asperum waren von derart hoher Qualität, kein Balsamico tradizionale, den ich bisher gekostet oder gekauft hatte, schmeckte so rund, harmonisch und nuancenreich nach Frucht und den verwendeten Hölzern, ein bisschen nach Honig und erst ganz zum Schluss etwas scharf.




















Bei einer Führung durch den Betrieb dürfen wir uns alles ansehen und lassen uns den Prozess der Balsamico-Herstellung erklären: Refosco- und Friulano-Trauben (früher Tokai) werden 36 Stunden gekocht, dann auf acht Grad heruntergekühlt. So können die Essigsäurebakterien ihr Werk beginnen, ohne dass eine alkoholische Gärung einsetzt. Der Balsamico reift über viele Jahre in verschiedenen Holzfässern (unter anderem Maulbeer, Eiche und Wacholder) und wird dabei immer dunkler und konzentrierter. In den Handel gelangt Asperum im Alter von 5, 15 oder 30 Jahren. Balsamico dürfte man das Produkt der Midolinis übrigens gar nicht nennen. Sie selbst bezeichnen das Geschmackserlebnis als Salsa aromatica, da Modena auf der Bezeichnung Balsamico die Hand drauf hat.

Die Midolinis sind überzeugt davon, dass die idealen Trauben für Balsamico Refosco und Friulano-Trauben sind, und dass ihr Asperum deshalb dem Tradizionale aus Modena ebenbürtig ist (ich hab das Gefühl, eigentlich glaubt man dort, dass Asperum besser ist). Dem Vernehmen nach macht Asperum den traditionellen Betrieben in Modena schon etwas Angst.
Besuch ist auf der Azienda jederzeit willkommen, eine Führung durch den Betrieb lohnt sich alleine schon wegen des wunderbar feinen Geruchs, der dort überall in der Luft liegt.

Noch ein paar Tipps vom Manager der Midolinis: Beim Kauf im Geschäft (und nicht beim Produzenten seines Vertrauens) auf die Zutatenliste im Kleingedruckten achten. Karamell, Zucker, Verdickungsmittel und Farbzusatzstoffe haben im Balsamico nichts verloren.
Der fünf Jahre alte Asperum wird für Salatmarinaden und zum Kochen verwendet, der 15 und 20 Jahre alte sollte zu Saucen erst ganz kurz vor dem Servieren gegeben werden, Kochen würde sein feines Aroma zerstören. Er schmeckt auch zu gegrilltem Fleisch, Fisch (roh und gegart), Früchten (Erdbeeren!) und mildem Käse. Parmigiano mit seinem intensiven Geschmack braucht zur Abrundung den 30 Jahre alten Asperum.

Nun zum Koch in Moggio Udinese. Der Ort liegt nahe der Autobahnabfahrt Tolmezzo. Auf der Fahrt durchs Kanaltal sieht man den Kirchturm von Moggio Udinese schon von weitem. Die kleine Osteria "Agli Artisti" liegt direkt im Zentrum den Ortes und wird von Denis und Eliane Filaferro betrieben. Man fühlt sich sofort wohl bei den herzlichen jungen Wirtsleuten.





















Auf der kleinen Speisekarte – die gerne auf deutsch mit nettem schweizer Akzent erklärt wird – findet man einige lokale Spezialitäten. Die Vorspeise "Trittico di fiori d´aglio resiano" wird mit Schinken aus Sauris serviert. Der Knoblauch aus dem Resiatal ist eine karnische Delikatesse, für die es jährlich ein eigenes Fest gibt.




















Der Name der Hauptspeise "Agnello nostrano" ist ganz wörtlich zu nehmen. Die Filaferros züchten selbst Schafe. Die glücklichen Tiere dürfen auf Almwiesen herumhüpfen, Kräuter zupfen und schmecken daher ausgezeichnet. Die Nachspeise war ein Semifreddo mit Mandeln, Bröseln aus Amaretti (hausgemacht!) und Schokolade. Dazu einen Cabernet Franc von Gildo aus Spessa di Cividale und Weintipps vom Koch – für den nächsten Ausflug ins Friaul ...


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